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Rolf Schmidt der Macher der Renault Markenpokal verstarb am 6. März 2017

Rolf Schmidt

*14.02.1928 – V 06.03.2017

Mentor, Macher, Manager

Erinnerungen an „Monsieur Rolf“

Von Rainer Braun

renault010217Fast energisch hat er mich bei unseren regelmäßigen Telefon-Schwätzchen daran erinnert, dass ich, wenn er mal nicht mehr da sei, „bloß nicht so einen blöden Nullachtfuffzehn-Nachruf schreiben, sondern den Lesern lieber ein paar fette Lacher aus unseren besten Jahren erzählen“ soll. Drei Wochen nach seinem 89. Geburtstag ist Renaults ehemaliger Sport-General Rolf Schmidt für immer eingeschlafen, friedlich und ohne Schmerzen. Bleibt mir nur noch, seinen Wunsch nach einem „fröhlichen Nachruf“ zu erfüllen. Denn ich hatte mehr als 20 Jahre lang das Privileg und das Vergnügen, mit ihm viele neue Projekte als Journalist und Moderator zu begleiten. Die Zeit und die Zusammenarbeit mit Rolf war aufregend, lehrreich, unbeschwert, oft auch anstrengend, aber nie ermüdend oder gar beschwerlich.

 

Seine französischen Amtskollegen nannten ihn in freundschaftlichem-Respekt gerne „Monsieur Rolf“. Sein Wort hatte bei allen Breitensport-Planungen der Franzosen größtes Gewicht, oft genug präsentierte er bei den Sport-Meetings in Paris neue Ideen, die dann europaweit umgesetzt wurden. Wenn er mich in sein Büro nach Brühl auf der anderen Rheinseite zitierte, was oft genug anstand, fand ich ihn meist vergraben hinter der „L’Equipe“ (eine große, täglich erscheinende französische Sportzeitung) vor. Der Qualm seiner Pfeife waberte durch den kleinen Raum, den er sich mit seiner Assistentin Vera Pelz, und später, als ihm die Sekretärinnen-Stelle gestrichen wurde, mit seinem Techniker Wolfgang Weishaupt teilte. Der arme Weishaupt musste den Umgang mit der Schreibmaschine und überhaupt allem lernen, was zuvor von der abhanden gekommenen Sekretärin erledigt wurde.

War unser Kontakt anfangs nur freundschaftlich geprägt, wurde daraus ab 1974 eine Auftraggeber/Auftragnehmer-Beziehung. Seinem mit üppigem Etat ausgestatteten PR-Vorstand Georg-Heinz Hommen, der damals in Brühl als heimlicher Herrscher galt, machte Rolf klar, dass der von ihm soeben auf die Piste gesetzte R5-Cup einen eigenen, permanenten Pressemann und Sprecher benötigt. Das wurde ihm genauso genehmigt wie in der Folge noch viele andere Ideen und Projekte, die Rolf im Laufe der Jahre ausgebrütet hat. Seine R5-Jungs hatte der ehemalige Kommandeur einer Fremden-Legionärseinheit von Anfang seinem eigenen, strengen Vorstellungen von Disziplin und Ordnung unterworfen. Wer nicht parierte, konnte gleich wieder nach Hause gehen. An den Renn-Wochenenden residierte Rolf in einem geräumigen Motorhome, das in jedem Fahrerlager seinen festen Stammplatz hatte - Zutritt nur nach vorheriger Anmeldung. Und wenn das familiäre Trio Rolf plus First Lady Lou plus Rauhaardackel Brutus majestätisch durchs Paddock flanierte, standen alle stramm und grüßten artig.

Von Anfang an beglückte Rolf seinen R5-Cup mit immer neuen Ideen. So engagierte er für die ersten Jahre Rennsportmeister Dieter Glemser als Cup-Pate und Instruktor, sorgte für Gast-Starts ausgewählter Journalisten wie den damaligen „sport auto“-Mann Karl Mauer, teilte das riesige Starterfeld in Nord und Süd mit je 50 Autos. Oder er lobte „für jeden Überschlag mit anschließender Weiterfahrt für mindestens eine Runde“ 1000 D-Mark Extra-Prämie aus, setzte Sprintrunden mit Sonderpreisgeld an (was vornehmlich dem hauseigenen Teile-Umsatz zu Gute kam), schrieb einen Damen-Cup aus und ließ das Feld in umgekehrter Reihenfolge der Trainingszeiten in die Startaufstellung fahren. Dabei empfand er eine geradezu diebische Freude, wenn so mancher Hinterbänkler sich plötzlich ganz vorne wieder fand und ihm die nackte Angst im Gesicht geschrieben stand.

Als im R5-Turbo-Europa-Cup viele Starter auf illegale Art den Ladedruck erhöhten und die französischem Techniker monatelag vergeblich versuchten, die Manipulation aufzudecken, kam der entscheidende Hinweis vom deutschen Sportchef. Aber Rolf Schmidt konnte auch mal eine Fünf gerade sein lassen, wenn dies der Sache dienlich war. So nutzte er 1976 beim R5-Euro-Lauf in Monaco den Boxenstopp eines deutschen Teilnehmers kurz vor Schluss des Rennens, um ihn zu Beginn der letzten Runde mit dem Auftrag wieder rauszuschicken, den führenden Holländer zu blockieren und so dem nachfolgenden deutschen Duo zum Doppelsieg zu verhelfen. Die Aktion ging aber gründlich daneben, der Holländer wehrte sich nach Kräften und lachte sich über eine Kollision der deutschen Verfolger schlapp.

Denkwürdig auch das Ansinnen von Renault-PR-Vorstand Hommen anlässlich eines Europa-Cup-Laufs am Nürburgring. „Schmidt, ich möchte, das ein deutscher Fahrer hier gewinnt, richten Sie das wenn möglich bitte ein.“ Der Vorstand war mit handverlesenen Gästen zum Ring gekommen und denen schon im Vorfeld erklärt, dass die deutsche Equipe die Konkurrenz aus Frankreich, Italien, der Schweiz und den Niederlanden voll im Griff habe. Rolf zog daraufhin zwei Fahrer seines Vertrauens zu Seite, besprach mit ihnen eine technische Trickserei mit dem Zusatz: „Falls ihr erwischt werdet, weiß ich von nix.“ Hommen und seine Gäste konnten dann sogar einen deutschen Doppelerfolg bejubeln, wobei der Sieger (der nicht in die spezielle Absprache einbezogen war) wegen einer Bagatelle von einem 1/100 Untermaß am Zylinderkopf disqualifiziert wurde und eines der beiden wirklich faulen Autos trotz technischer Nachkontrolle durch die französischen Techniker auf Platz eins nachrückte. Später meldete Schmidt seinem Vorgesetzten stolz: „Auftrag erfüllt, sonst noch Wünsche?“ Weitere Einzelheiten zu dem Gaunerstückchen möchte ich hier nicht ausbreiten.

Gründermannschaft Renault Sport 1968

Rolf war aber nicht nur ein mit allen Tricks gesegnete Sportmanager und kühler Dirigent – er hatte auch ein großes Herz und ein offenes Ohr für die Nöte seiner Fahrer. Ich weiß von so einigen geheimen Transaktionen, die er für finanziell angeschlagene Cup-Piloten eingefädelt hat. Hier ein Motor, dort eine Rohkarosse, da ein Sponsor für unterfinanzierte Talente. Oder so ein armer Schlucker hatte nach einem Überschlag mit Totalschaden plötzlich ein neues Auto zum Nulltarif vor der Türe stehen. Und er hat junge Talente wie Christian Danner, Peter Oberndorfer, Volker Strycek, Hans-Georg Bürger oder Markus Höttinger geformt und gefördert. Das hat ihm so mancher seiner alten R5-Chauffeure nie vergessen Kontakt mit ihm bis ins hohe Alter gehalten.

Als Rolf im November 1992 in den Ruhestand verabschiedet wurde, organisierte ihm Renault eine stimmungsvolle Abschieds-Party. „Rolfs Stimme“, so der deutsche Renault-Generaldirektor Luc Alexandre Menard in seiner Laudatio, „hatte bei den Sport-Meetings in Paris oft mehr Gewicht als meine eigene. Deshalb habe ich ihm hier in Brühl auch alles genehmigt, was er haben wollte.“ Mehr Respekt und Anerkennung kann ein Sportchef am Ende seines Wirkens wohl kaum erwarten. Zum Abschied ihres scheidenden Zuchtmeisters hatten sich nochmals viele ehemalige R5-Cup-Titelträger versammelt, darunter auch die späteren Sportchefs von Opel (Volker Strycek) und Audi (Dieter Gass).

Dem Hause Renault und dem neuen Sportchef Bernd Hütter blieb Rolf Schmidt auch in den Jahren danach als wichtiger Ratgeber verbunden. Mit dem Krebstod seiner Frau ist er allerdings nie fertig geworden und ging fortan als gebrochener, freudloser Mann durchs Leben. Er zog sich in sein Haus in Köln-Rodenkirchen zurück, wünschte auch keine Besuche mehr. „Ich möchte lieber heute als morgen zu meiner Lou“, hat er mir bei unseren Telefonaten immer wieder gesagt, „das Leben macht ohne sie keinen Spaß mehr.“ Immerhin hielten ihn sein Sohn Kai, seine Schwiegertochter und die zwei Enkelkinder wenigstens noch einigermaßen bei Laune.

Jetzt hat sich sein größter Wunsch erfüllt. Zusammen mit vielen alten R5-Freunden kann ich nur noch sagen: Danke Rolf für die tolle Zeit, die wir mit Dir verbringen durften. Und Danke für alles, was Du dem Motorsport gegeben hast.

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Provided by Swen Wauer